Lexikon der Phönix Akademie in Frankfurt
Nachschlagewerk für: Chinesische Philosophie, Kampfkunst, Heilkunst, Spiritualität
Lexikon - Nachschlagewerk
Wichtige Begriffe
der Kampfkunst & Heilkunst & Philosophie
Das Lexikon der Phönix Akademie erklärt objektiv und unabhängig von Schulen & Stilen wichtige Begriffe der Philosophie, Kamfkünste, Heilkünste, Spiritualität & Medizin. Neben dem Schwerpukt China, fließen auch Erklärungen anderer Traditionen mit ein.
Gerne nehmen wir Eure objektiven Anregungen mit auf.
Wir bitten aber um Geduld, da die Pflege des Lexikons ehrenamtlich erfolgt.
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Dao
Das Schriftzeichen Dao gehört zu den wichtigsten Begriffen der chinesischen Philosophiegeschichte.
Es findet sowohl im Daoismus als auch Konfuzianismus Anwendung. Nachfolgend wird ausschließlich das Philosophem (zentraler Begriff der Philosophie) Dao aus daoistischer Sicht betrachtet. Und auch innerhalb der daoistischen Philosophie besteht kein einheitliches Konzept über den Begriff Dao lediglich „Dominate Züge“ für den alles bedingenden Urgrund lassen sich finden (Vgl. S. Mazaheri 1997:351). Somit herrscht Einigkeit darüber, dass das Dao vor Himmel und Erde für sich allein entstanden ist (Vgl. T.T. Chang 1982:95).
Nachfolgend einige klassische Textpassagen zum Verständnis des Dao:
Laozi Kapitel 25
Ein Etwas fand als trüber Wirrwarr seine Vollendung.
Es entstand, als es Himmel und Erde noch nicht gab.
Still und lautlos stand es allein,
ohne (einzelne) Kerne zu bilden.
Es war im Stande, die Mutter der Welt zu sein.
Ich kenne seinen Namen nicht,
so sei ihm der Beiname Dao gegeben.Laozi Kapitel 51
Das Dao erzeugt alle Dinge und hegt sie,
läßt sie wachsen und sich vollenden,
gewährt ihnen Ruhe und heilt sie,
pflegt und behütet sie.
Es erzeugt sie, nimmt sie aber nicht in Besitz.
Es wirkt für sie,
beruft sich aber nicht darauf.
Es läßt sie wachsen,
verfügt aber nicht über sie.
Das nennt man die dunkle Urtugend.Wie das Dao für den Menschen zu erreichen ist, erfahren wir im
Zhuangzi Kapitel 22 zur Meditation
Konfuzius fragte Lao Dan (Laozi)
Wenn Ihr heute Muße hättet, möchte ich Euch mit Verlaub nach dem höchsten Dao befragen.
Lao Dan sprach: Übe Askese !
Lass (die Stauungen) in Deinem Herzen abfließen !
Reinige Deinen Geist!
Verwerfe Dein Wissen !Somit kann das Dao nur durch ein „Hintersichlassen“ weltlicher Rationalität, welches auch eine Reinigung des Geistes und Herzens beinhaltet , erreicht werden.
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Meditation „Zuo Chan, Zuo Wang“
Der Begriff Meditation wird in vielen Kulturen (insbesondere Asien) auf unterschiedliche Weise interpretiert. Zum besseren Verständnis einige klassische Passagen, die den Begriff Meditation im Sinne der chinesischen Philosophie, Kampf- und Heilkünste darstellen.
Zhuangzi Kapitel 4
Hui sagte: Dürfte ich mit Verlaub nach Askese fragen.
Konfuzius antwortete: Du sollst Deine Sinne auf eins konzentrieren.
Höre nicht mit den Ohren, sondern mit den Herzen.
Lausche nicht mit dem Herzen, sondern vernehme mit dem Qi.
Das Hören ist beschränkt auf die Ohren, das Herzen ist beschränkt auf das, worauf seine Rezeptoren passen.
Das Qi nun ist etwas, das in seiner Leere von den Dingen abhängt.
Das Dao sammelt sich nur in dem Leeren.
Solches Leersein, das ist Askese.(Vgl. Mazaheri 1997:59)
Sehr anschaulich wird hier das Qi als ein der Leere verwandtes Medium zu dem entscheidenden Faktor, um die Askese – also den Zustand tiefer Meditation – zu erreichen, welche wie im Kapitel Dao gezeigt die Voraussetzung ist, um mit den Dao zu verschmelzen.
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Nichts – Wu
In der chinesischen Philosophiegeschichte wurde "das Nichts" Wu zu einem bedeutenden Faktor der kosmologischen Ursprungsspekulation (Vgl. W. Ommerborn in: Oriens Extremus 1996:67-94).
Laozi (siehe Dao) und Zhuangzi sahen dabei das Nichts als bedeutende Seinsform des Dao an.
Im Zhuangzi Kap. 12 lesen wir:
Am Uranfang war das Nichts, das weder Sein noch Namen hatte.
Es war das aus dem das Eine hervorging.
Dann war das Eine, dass noch nicht geformt war, aus dem aber die Dinge entstehen konnten.
Dies sei genannt Urtugend.Welche Bedeutung das Nichts für das Sein besitzt zeigt sich auch in dem nachfolgenden klassischen Text des Zhuangzi.
Dreißig Speichen gemeinsam teilen eine Nabe.
Eben dort, wo es nichts gibt, liegt die Brauchbarkeit des Wagens.
Man brennt Ton und fertigt daraus ein Gefäß.
Eben dort wo es Nichts gibt, liegt die Brauchbarkeit des Tongefäßes.
Man meißelt Türen und Fenster aus.
Gerade dort wo es nichts gibt, liegt die Brauchbarkeit des Zimmers.Daraus folgt:
Aus dem Vorhandensein nimmt man in Gebrauch.
Die Erkenntnis der Bedeutung des Nichts spielt für die erfolgreiche Übungspraxis der magischen Körper-Geistübungen (Taijiquan, Qigong, Kungfu, Meditation) eine entscheidende Rolle.
So schreibt Yuyan einer der Kommentatoren des Cantong Qi :
Was ist dient zum Besitz, was nicht ist dient zum Werk (Übungspraxis)
(Yuyan in: Cantong Qi (Hrsg.) R. Bertschinger 1994:79)
Die potenzielle unerschöpfliche Kraft des Nichts zeigt sich bei Laozi im 5. Kapitel
Der Raum zwischen Himmel und Erde gleicht einem Blasebalg,
So leer er ist, erschöpft er sich nicht, er bringt immer mehr hervor, je mehr er sich hin und her bewegt.Himmel und Erde stehen u.a. für die Kräfte Yin und Yang. Die Bewegung von Yin und Yang führt somit zur potentiellen Unerschöpflichkeit, was innerhalb der Übungspraxis zur Anreicherung von Qi genutzt wird. (Siehe auch „Qi“ und „Leere“)
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Leere – Xu
Die Bedeutung "der Leere" Xu innerhalb der chinesischen Philosophiegeschichte und innerhalb der unterschiedlichen Übungspraxis kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die Leere findet nicht nur innerhalb der verschieden klassischen Texte Erwähnung, sondern ist auch Bestandteil der für die Übungspraxis zentralen Transformationskette Jing, Qi, Shen, Xu.
Kubny schreibt dazu das chunqiudalun Kapitel 7 zitierend:
„Es ist doch so, dass diejenigen, dich sich verfeinern wollen, zuerst ihre körperliche Gestalt leeren und ruhigstellen müssen. Das Qi und die Feinstoffe bevorzugen (den Zustand, in dem die körperliche Gestalt ruhig gestellt und der Wille (bzw. das Bewußtsein) leer ist.
(Kubny 1995:145)
Wie wichtig der geistige Zustand der Ruhe und Leere innerhalb der Übungspraxis (Gongfu, Taijiquan, Qigong, Meditation) ist, zeigt sich deutlich in dem Klassiker Huangdineijing (Buch des Gelben Kaisers):
Gelingt es Dir, still und den Dingen gegenüber gleichgültig zu bleiben,
bleibst Du vollkommen demütig und leer –
dann wird der wahre Atem sich einstellen.
Bewahrst Du die geistigen Kräfte in Deinem Inneren,
wie könnte sich da eine Krankheit entwickeln ?
Atmest Du die Essenz des Lebens,
dann bist Du in Einklang mit Himmel und Erde und wahrst Geist, Muskeln und Sehnen, als wären sie eins.(Huangdineijing Kap. 1 bei R. Bertschinger 1994:23)
Bezüglich der Leere und der damit einhergehenden Aufgabe des eigenen Egos schreibt Mazaheri:
„Gibt man jedoch in der Anpassung an die Natur sein Ego auf, so bedeutet das nicht etwa den Verlust von Identität, sondern ein Höchstmaß an Identität, da man nun an der umfassenderen Identität -„Natur“ und nicht nur an der eigenen, begrenzten - teilhat.“
(S. Mazaheri 1997:426)
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Mensch im Zustand mentaler Leere weder Tod noch lebendig ist und somit beide Bereiche (Diesseits & Jenseits) durchdringt. Dies befähigt ihn von der einen Sphäre in die andere zu wechseln und somit die Urkräfte für sich zu nutzen (Vgl. hierzu M. Kubny 1995:154) Dieses metaphysische Theorie der magischen Körper-Geistübungen Chinas bildet die Grundlage chinesischer Übungspraxis wie sie im Qigong, Taijiquan, Gongfu und der Meditation Anwendung findet.
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Qigong
Qigong bedeutet übersetzt: Mit der Energie Qi (Lebenskraft) arbeiten. Wobei der Begriff Gong die Art und Weise der Arbeit genauer definiert. Gong stellt die Fähigkeit und Erfahrung da, Künste zu nutzen und zu beherrschen. So sagt man in China jemand besitzt Gong z.B. in der Malerei, Heilung, Musik oder auch Kochkunst. Auch wird z.B. im Gongfu, Taiji … von Gong gesprochen, wenn jemand die Kunst tiefgehend beherrscht.
Die ersten Aufzeichnungen über die Bixi Atemstopptechniken (Atemtechniken) des Qigong, wie sie noch heute in verschiedenen Qigong-Stilen (z.B Jianshengong) praktiziert werden findet sich nach J. Needham angeblich in einer 2.500 Jahre alten Inschrift auf Jade:
Halte den Atem und sammele ihn.
Ist er gesammelt, so dehnt er sich aus, dehnt er sich aus, so steigt er hinab.
Steigt er hinab, so wird er still, wird er still, so festigt er sich.
Ist er gefestigt , so beginnt er zu sprießen.
Steigt er die ersten Sprossen, so beginnt er zu wachsen.
Während er wächst wird er wieder nach oben gehoben,
oben angekommen, erreicht er den Scheitel des Kopfes.
Oben drückt er nach oben, unten drückt er nach unten.
Wer immer dies befolgt, wird leben,
wer immer dem zuwider handelt, wird sterben.(J. Needham 1961:143)
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Qi
Die Bedeutung des Begriffs Qi hat im Lauf der chinesischen Philosophiegeschichte einen starken Wandel erfahren. Durch Laozi und Zhuangzi wurde Qi neben dem Dao zum zentralen Begriff der chinesischen Metaphysik. (Vgl. Laozi Kap. 42 und 52, siehe S. Mazaheri 1997:55)
Im Zhuangzi Kap. 22 lesen wir bezüglich des Qi als Grundstoff des Lebens folgendes:
Das Leben ist des Todes Gefährte, der Tod des Lebens Anfang.
Wer kennt ihren Leitfaden?
Das Leben des Menschen ist die Zusammenballung des Qi.
Die Zusammenballung des Qi führt zum Leben, seine Auflösung zum Tod.
Daher sind alle Dinge eins.
Verwestes verwandelt sich wieder zu Wundersamen, Wundersames wieder zu Verwestem.
Daher, die ganze Welt besteht aus einem einzigen Qi.(Vgl. T.T. Chang 1982:35)
Dr. Th. Milanowski schreibt bezüglich des Qi:
Es kann als Grundstoff des Lebens aufgefasst werden, „wobei es sich allerdings nicht um einen Grundstoff im Sinne von Materie handelt, sondern um eine Energie, die im Prinzip Ausdruck eines Dynamismus ist (hier zeigt sich die Nähe zu der beschriebenen Pendelbewegung des Dao). Dabei stellt ein jedes Ding und Wesen der sichtbaren Welt nur ein Aspekt oder Aggregatzustand des Qi dar, welches wie im oberen Zitat gezeigt, im kondensierten Zustand Leben bedeutet, während seine Auflösung zum Tod führt (Vgl. I. Robinson 1995:20). Das, was die Dinge und Einzelwesen unterscheidet, ist somit lediglich ihre Erscheinung, also ihre Formgebung, d.h. Gestaltung nach dem Erscheinen aus dem einheitlichen Qi".
(Vgl. Th. Milanowski 2004:172, Vgl. auch Mazaheri)